Gott du passt einfach nicht in unser
Denkschema
(2512040000-0230)
Mit Josef hast du dir ja einen soliden und praktisch begabten
Zimmermann als Adoptivvater für deinen Sohn ausgesucht. Als Zimmermann hat er
es gelernt, eine Unterkunft für seine Familie zu errichten. Sicher hätte er
auch eine schöne gehabt. Als Mann vom Fach hätte er sich bestimmt etwas Nettes
einfallen lassen, für seine Frau und den versprochenen Retter. Die Wiege war
sicher auch schon geschnitzt und erwartete ihren neuen Besitzer. Doch alles was
ein Mensch hätte tun können, um deinem Sohn die Ankunft in unserer kalten Welt
etwas angenehmer zu machen, lehnst du ab. Mitten in die gesellschaftliche Krise
einer Volkszählung unter Fremdherrschaft schickst du ihn hinein. Das Chaos war
fast schon vorprogrammiert. Überall Leute, keiner wusste wohin, jeder suchte
den besten Herbergsplatz für sich. Diese Unsicherheit, was wird wohl werden,
wie viel Abgaben mussten sie an den Cäsar machen, wie werden sie ihre Existenz
sichern können. Viele Leute wimmeln, fern von ihrem Wohnort, jetzt alle in
Bethlehem umher, so viel Neues so viel Ungewissheit.
Und ausgerechnet in diese Situation schickst du den Zimmermann mit
seiner hochschwangeren Frau, die auch noch dein Kind trägt, hinein. Hättest du
es dir nicht ein bisschen stressfreier aussuchen können? Obwohl die beiden
wussten, wer da auf die Welt kommen wird, war es auch nicht der geeignete
Zeitpunkt die Werbetrommel für dich zu schlagen. Mit einem Slogan: “Macht Platz
für den Messias, denn er wird von meiner Frau demnächst geboren!” wäre man
damals sicher nur belacht worden und heutzutage gar für verrückt erklärt
worden. Du hättest nur ein Wort sagen müssen und der beste Palast und die beste
Versorgung wären deinem Sohn bereitgestanden. Aber du wolltest das nicht. Deine
Wege sind ganz anders. Auf menschlichen Komfort jeglicher Art musste dein Sohn
verzichten. In der Kälte der Nacht mitten in einem Stall voller Tiere ohne
jegliche Hilfe von Experten oder gar der notwendigen Hygiene, kommt der Retter
der Welt, ganz ab vom Trubel und vom Interesse der Öffentlichkeit, auf die
Welt. So hatten sich es die Menschen, die auf den Messias warteten, aber nicht
vorgestellt! Ein über Generationen
erwarteter und so vielversprechender Heiland darf doch nicht so erbärmlich das
Licht der Welt erblicken!!! Wo gerade er das Licht der Welt ist, aber seit
seinem ersten Atemzug musste er die Dunkelheit und Verblendetheit der Welt
spüren. Alle sind nur mit sich selbst beschäftigt, jeder denkt und sorgt sich
nur um den Augenblick und ganz nebenher passiert die größte Sensation die es
jemals in der Weltgeschichte gegeben hat. Während die Masse ahnungslos
dahinlebt, kündigt sogar das Universum die Ankunft deines Sohnes an. Du
mobilisierst die himmlischen Heere, nicht etwa für einen spektakulären Auftritt
vor den Herrschern und Prominenz der damaligen Welt, sondern für ein paar
Hirten fern ab vom Gewirr und mitten in der Nacht. Dein Spektakel galt in
dieser Nacht den einfachen Menschen, denen die ein offenes Ohr hatten. Obwohl
die Gelehrten aus deinem Volk sich sicher nichts mehr gewünscht hätten, als
dann zu leben, wenn der versprochene Messias kommt, hast du es ihnen nicht
verraten. Stattdessen schickst du ein paar Ausländer daher, die nicht einmal zu
deinem auserwählten Volk gehörten und lässt sie verstehen, was du in die Sterne
geschrieben hast. Erst über die Umwege der römischen Besatzungsmacht erfahren
deine Gesetzeshüter was geschehen ist und nach einigem Suchen finden sie ja
dann auch den Ort, den du ihnen als Geburtsort des Retters vorausgesagt hast.
Welch eine Blamage für deine Vertreter unter dem Volk! Erst nachdem das Wunder der Ankunft deines
Sohnes bereits vollbracht war, lässt du die, die sich mit deinem Wort am besten
auskennen sollten, daran teilhaben. Nur gut, dass du auf sie nicht angewiesen
warst!
Mir fällt auf, dass es nicht das Wissen, sondern das Herz der Suchenden
ist, das dich motiviert dich zu zeigen. Die Mächtigen, die Gelehrten und die
Reichen hast du in dieser Nacht einfach links liegen gelassen. Und, dass es in
der Herberge nicht einmal einen Platz für deinen Sohn gab, zeigt wie wenig sich
die Masse mit dir befasst. Ihnen bist du schlicht weg egal. Hauptsache sie
bekamen was sie wollten - vor über 2000 Jahren.
Doch ist es heute anders? Hat sich überhaupt auch nur ein bisschen
verändert? Das emsige ein und aus der Leute heute scheint nicht viel anders zu
sein. Viele kämpfen um ihre Existenz und der Vater Staat fordert auch heute
noch sein Tribut. Mir scheint, wir sind heute genauso verblendet und mit
unseren allzu wichtigen Kleinigkeiten beschäftigt wie damals. Dein Sohn könnte
heute direkt neben uns stehen und wir würden uns noch darüber beklagen, dass
uns jemand im Weg steht. Der, der der Weg zum Leben ist, der die Antworten auf
unsere Fragen und Not kennt und uns an der Hand nehmen will, den schieben wir
geschäftig beiseite. Wir ignorieren ihn einfach. So als hätte er ja doch von
nichts eine Ahnung. Seine Liebe und Güte ist uns auch heute oft noch allzu
fremd. Mit seiner Sanftmut fangen wir nichts an, weil wir es gewöhnt sind, dass
uns der andere nur ausnützt und seinen eigenen Profit machen will. Bei uns geht
es nur ums bloße Überleben. Die Wärme und Liebe, die von deinem Sohn kommt,
kennen wir doch gar nicht mehr. Wir wurden schon zu oft betrogen und
ausgebeutet. Unsere Illusionen platzen ständig wie Seifenblasen, soll es denn
jetzt anders sein? Obwohl dein Sohn unsere Welt wie ein Lichtstrahl erleuchtet
und wie ein Feuer ist, das uns in der Kälte wärmt, haben wir unsere Herzen
verschlossen und sind für seine Liebe erkaltet. Er ist uns einfach egal und von
unserer Realität zu weit entfernt.
Doch da gibt es auch diejenigen, denen er alles andere als egal ist.
Für die war er damals schon eine Bedrohung. Ein neuer König soll geboren sein,
fragte der römische Herrscher König Herodes die Weisen, und wollte von ihnen
wissen, wo er ist, damit er ihn umbringen könne. Denn er sah seine Macht
bedroht. Damals vielen viele kleine Babys der Herrschsucht eines Tyrannen zum
Opfer. Und der Retter der Menschheit war auf der Flucht, obwohl er selbst
wahrscheinlich noch nicht einmal gehen konnte.
Gott was hast du dir denn dabei gedacht? Wir hätten uns da etwas ganz
anderes ausgemalt. Das passt überhaupt nicht in unser Denkschema! Der, der uns
das Leben rettet, musste um sein eigenes Leben bangen, denn von klein an gab es
Menschen die sich von ihm bedroht fühlten.
Und heute? Wie viel Ungerechtigkeit ist die Folge von Macht und
Profitgier? Wenn es um Stellungen und Positionen geht wird viel unternommen.
Jemand, der anderer Meinung ist, wird schnell aus dem Wege geräumt. Gott,
manchmal frage ich mich, wo dein Sohn wohl heute in unserer Zeit wäre. Egal,
auch wenn der andere Recht hat, können heute nur wenige ihr eigenes Unrecht
einsehen. Lieber schaffen sie den anderen aus dem Weg und hoffen, dass es
keiner gemerkt hat. Nicht nur für die römische Besatzungsmacht, sondern auch
für die Gesetzeshüter deines eigenen Volkes, war dein Sohn ein Dorn im Auge.
Jeder, der größer sein wollte wie dein Sohn, oder es besser wissen wollte, nahm
an ihm Anstoß. Ich muss feststellen, auch da hat sich bis heute nichts
verändert.
Doch wer hoffen will, wer sich auf die Suche macht, wer merkt, dass ihm
in der Dunkelheit und Kälte dieser Welt etwas verloren gegangen ist, dem
bleibst du nicht fremd. Du hast deine eigene Art unsere Wunden zu heilen und
hast dich nicht gescheut deinem Sohn auch Schmerzen und Entbehrungen
aufzuladen. Du bist ein Gott, der durch Leiden heil macht. Du selbst hast auch
gelitten, als du uns Menschen sahst, wie wir durch unsere falschen
Entscheidungen unser eigenes Leben zur Hölle machen und noch nicht einmal einen
Ausweg wissen.
Danke Gott, dass dein Sohn unser Ausweg ist, auch wenn wir uns seinen Weg
nicht ausgesucht hätten!
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